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Fach-Publikation

Plastische Chirurgie Köln

Fach-Publikation: Vorher-Nachher-Bilder standardisiert anfertigen

Fachbeitrag im Magazin für Ästhetische Chirurgie (MÄC) von Dr. Dr. med. Matthias Siessegger zum Thema „Vorher-Nachher-Bilder standardisiert anfertigen“.

M. Siessegger – aesthetische medizin koeln, Köln

Vorher-Nachher-Bilder standardisiert anfertigen

Praxisnahes Konzept zur Anfertigung einheitlicher und optimal vergleichbarer Vorher-Nachher-Bilder

Die Anfertigung von Vorher-Nachher-Bildern ist insbesondere im Fachbereich Plastische und Ästhetische Chirurgie ein wichtiger Bestandteil der Medizinischen Dokumentation. Je einheitlicher die angefertigten Fotografien des Vorher- und Nachher-Zustandes sind, desto besser lassen sich Behandlungserfolge objektiv beurteilen. Das im Folgenden vorgestellte Konzept beschreibt einen vom Autor in der Praxis vielfach erprobten Weg zur standardisierten Anfertigung von Vorher-Nachher-Bildern.

Während die meisten medizinischen Fachdisziplinen den Verlauf und Erfolg einer Behandlung anhand klinischer Untersuchungen, laborchemischer Parameter oder Veränderungen in der diagnostischen Bildgebung einschätzen und dokumentieren, beurteilt die Ästhetische Medizin den Einfluss und Erfolg einer Behandlung in erster Linie anhand des veränderten äußeren Erscheinungsbildes eines Patienten. Auch im rechtlichen Bedarf an einer revisions- und gerichtsfesten Beweisgrundlage für die Leistungsabrechnung oder bei Haftungsfragen liegt deshalb die Notwendigkeit der Anfertigung dieses medizinisch-dokumentarischen Bildmaterials begründet [2].

 

Dem vor und nach einem Eingriff angefertigten Fotomaterial kommt also ein hoher medizinisch-dokumentarischer Stellenwert zu, der nicht unterschätzt werden sollte. Das Problem: Bei der Anfertigung dieses Bildmaterials können bereits minimale Veränderungen der Lichtverhältnisse, Aufnahmeparameter (z.B. Belichtung) oder der Aufnahmewinkel die objektive Vergleichbarkeit der Vorher- und Nachher-Aufnahmen erheblich erschweren oder gar unmöglich machen. Gleichzeitig stehen im Praxisalltag nicht die zeitlichen und technischen Ressourcen zur Verfügung, um stets optimale fotografische Rahmenbedingungen zu gewährleisten – schließlich ist eine Arztpraxis oder Klinik kein Fotostudio.

 

Dennoch ist es mit einer überschaubaren fototechnischen Ausstattung und unter Einhaltung bestimmter Regeln durchaus möglich, weitestgehend standardisiertes Fotomaterial im Praxisalltag anzufertigen, das eine objektive Vergleichbarkeit zulässt. Wie dies möglich ist, wird im Folgenden beschrieben.

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Wichtigster Erfolgsfaktor: Einheitliche Rahmenbedingungen

Die wichtigste Bedingung für die erfolgreiche Anfertigung von vergleichbaren Vorher-Nachher-Bildern ist die Sicherstellung einheitlicher Rahmenbedingungen. So sollten beispielsweise Lichtverhältnisse, Aufnahmewinkel, Aufnahmeort, Entfernung Kamera/Patient/-in, Kleidung und Körperhaltung des/der Patienten/-in, Fokuseinstellung an der Kamera etc. unabhängig vom Zeitpunkt der Aufnahme möglichst immer identisch sein.

 

Es kommt also zunächst weniger darauf an, welche Rahmenbedingungen konkret gewählt werden, als vielmehr darauf, dass diese langfristig beibehalten werden. Wenn verschiedene Personen Fotografien anfertigen, sollte ein praxisinterner Standard definiert und schriftlich festgehalten werden, an dem sich alle Beteiligten orientieren können.

Geeignete Fotoausstattung erwerben

Auch wenn mittlerweile mit jedem Smartphone hochaufgelöste Bilder angefertigt werden können, sollte dennoch eine digitale Spiegelreflexkamera (DSLR) bei der Anfertigung von Vorher-Nachher-Bildern zum Einsatz kommen (dies begründet sich aus den Anforderungen, auf die im weiteren Verlauf noch eingegangen wird). Brauchbare DSLR-Kameras sind bereits für unter 1.000 EUR im Handel erhältlich.

 

Vielen DSLR-Kameras liegt standardmäßig ein Objektiv mit einer Brennweite von 18 mm bis 55 mm bei, das im Normalfall und bei üblichen räumlichen Verhältnissen auch völlig ausreichend ist.

 

Je nachdem, wie die Lichtverhältnisse vor Ort sind, kann der Einsatz eines professionellen Studioblitzgerätes und/oder Aufhellers
sinnvoll sein, um für eine gleichmäßige Ausleuchtung zu sorgen und eine ungünstige Schattenbildung zu vermeiden. Auch die Anschaffungskosten hierfür liegen in einem akzeptablen Bereich.

Beispiel einer geeigneten Fotoausstattung

Digitale Spiegelreflexkamera:
• CANON EOS 400D

 

Ausleuchtung / Blitz:
• 2x Metz Soft Box 50-70
• Metz mecastudio BasicLine 200
• Helios Studioblitz LD 250s
• CANON Macro Ring Lite MR-14EX

 

Funkauslöser:
• Kaiser FlashTrig 16

 

Objektiv:
• SIGMA DC 17-70 mm (1:2.8-4.5)
• Speicherkarte (und Lesegerät)
• Fotohintergrund / Hohlkehle

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Praxisbeispiel:

Praxisinternes „Fotostudio“ in der Praxis Dr. Dr. Siessegger in Köln.

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Praxisbeispiel: 

Praxisinternes „Fotostudio“ in der Praxis Dr. Dr. Siessegger in Köln.

Praxisraum festlegen und einrichten

Wie bereits erläutert, sollten Vorher-Nachher-Bilder immer im gleichen Raum und bei gleichen Lichtverhältnissen angefertigt werden. Insofern ist es ratsam, einen Raum innerhalb der Praxis- oder Klinikräume als Foto-Raum fest zu definieren und entsprechend auszustatten.

 

Fotograf und Patient/-in sollten sich bei der Anfertigung der Aufnahmen immer in der gleichen Position befinden, damit die Größenverhältnisse bei allen Bildern identisch sind. Die Einhaltung des Abstandes lässt sich beispielsweise durch ein fest installiertes Stativ bzw. Boden-Markierungen sicherstellen, die die unterschiedlichen Positionen des Statives oder Fotografen aufzeigen. Auch die Zoom-Einstellung an der Kamera sollte einmal fest definiert und fortan beibehalten werden.

 

Schwieriger wird es bei der Höheneinstellung des Stativs bzw. der Kamera, da jeder Patient unterschiedlich groß ist und je nach Behandlung unterschiedliche Körperregionen abzubilden sind.

 

Eine relativ einfache Lösung gibt es im Hinblick auf Kopfaufnahmen. So kann eine Markierung an der Wand aufzeigen, in welcher Höhe sich die Kopfoberkannte befinden soll. Indem der/die Patient/-in dann auf einem höhenverstellbaren Stuhl Platz nimmt, kann dieser entsprechend ausgerichtet werden. Bei Ganzkörperaufnahmen sollte – im Hinblick auf eine zeitsparende Umsetzbarkeit – ein Mittelwert definiert (Höheneinstellung des Stativs) und dann ggf. unabhängig von der Körpergröße eingehalten werden.

Anzahl der Bilder und Aufnahmewinkel festlegen

Je mehr Bildmaterial aus unterschiedlichen Aufnahmewinkeln vorliegt, desto besser lassen sich Behandlungserfolge dokumentieren. Dennoch muss sich die Anzahl der anzufertigenden Aufnahmen in einem akzeptablen und in der Praxis umsetzbaren Rahmen bewegen.

 

Abgeleitet aus den Erkenntnissen der Gesichtschirurgie, die besagen, dass fünf Ansichten aus den Winkeln +90 Grad, +45 Grad, Frontalansicht, -45 Grad und -90 Grad notwendig sind, um einen Gesamteindruck des Patienten zu erhalten und die Ausgangsposition ausreichend zu beurteilen, empfiehlt es sich, Aufnahmen aus eben diesen fünf Aufnahmewinkeln anzufertigen – auch im Hinblick auf Körperaufnahmen. Der Autor hat daraus den Begriff “TAKE-5-Konzept“ abgeleitet.

 

Die Umsetzung dieses TAKE-5-Konzeptes kann wiederum durch Markierungen an den Wänden (Fixationspunkte) sichergestellt werden. Je nachdem, ob Kopf- oder Ganzkörperaufnahmen anzufertigen sind, kann der Patient entweder seinen Kopf oder Körper auf diese Fixationspunkte ausrichten (s. Abb. 1).

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Abb. 1:

Der Patient steht oder sitzt auf einem drehbaren Stuhl. Die Fixationspunkte sind an den Wänden der Praxis angebracht.

Bilder zusammenfügen

Schritt 1: Anfertigen der Vorher-Bilder

Zur Anfertigung der fünf Vorher-Bilder in den TAKE-5- Einstellungswinkeln empfiehlt es sich – wie in Abbildung 1 aufgezeigt –, mit der Aufnahme des Profils bei nach links gedrehtem Kopf (TAKE 1) zu beginnen und dann im Uhrzeigersinn fortzufahren.

Schritt 2: Zusammenfügen der einzelnen Vorher-Bilder

Mithilfe eines Bildbearbeitungsprogrammes (z. B. Adobe Photoshop) können die Vorher-Bilder anschließend zu einer Serie zusammengefasst werden – beginnend mit der TAKE-1-Aufnahme (Profil von links) und abschließend mit der TAKE-5-Aufnahme (Profil von rechts). Für die Vergleichbarkeit ist es wichtig, dass bei der Anordnung der Aufnahmen die horizontalen Achsen übereinstimmen – also z.B. die Augen immer auf der gleichen Höhe sind. Dies wird durch die empfohlene gleichbleibende Höheneinstellung des Stativs gewährleistet. Sollte es dennoch zu Abweichungen kommen, können die Bilder ggf. anhand des eingesetzten Bildbearbeitungsprogramms
mithilfe von Hilfslinien entsprechend ausgerichtet werden (s. Abb. 2).

 

Auf Basis dieser Vorher-Serie können dem Patienten die zu korrigierenden Bereiche aufgezeigt und empfehlenswerte chirurgische Maßnahmen besprochen werden. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass professionelle Bildbearbeitungsprogramme
wie Adobe Photoshop lediglich der Anordnung und Zuschneidung der Einzelbilder dienen. Keinesfalls sollten mit diesen Programmen Änderungen am Erscheinungsbild des Patienten vorgenommen werden, da sonst die rechtliche Grundlage verloren ginge. In der Praxis hat es sich zudem bewährt, immer zwei Bildersätze abzuspeichern – ein Satz der unbearbeiteten Originalaufnahmen sowie ein Satz der ggf. zugeschnittenen Aufnahmen. Zudem ist es empfehlenswert, beide Datensätze an zwei getrennten Orten aufzubewahren [2].

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Abb.  2:

Übereinstimmung der horizontalen Achsen durch Hilfslinien sicherstellen.

Schritt 3: Anfertigen der Nachher-Bilder

Nach dem Eingriff und nach Abheilung der operierten Regionen wird im dritten Schritt die Nachher-Bilder-Serie aus den unterschiedlichen Aufnahmewinkeln und bei identischen Rahmenbedingungen (Lichtverhältnisse etc.) angefertigt. Die Bilder werden, wie im zweiten Schritt beschrieben, ebenfalls zu einer Serie zusammengefasst.

Schritt 4: Gegenüberstellen der Vorher- und der Nachher-Bilder

Der letzte Schritt zur umfassenden fotografischen Dokumentation und abschließenden Beurteilung des Behandlungserfolges ist schließlich das Zusammenfügen und Gegenüberstellen der beiden Bilderserien – zum Beispiel untereinander (s. Abb. 3-5).

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Abb.  3:

Komplette TAKE-5-Serie zum Vergleich vorher/nachher am Beispiel Rhinoplastik.

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Abb.  4:

Komplette TAKE-5-Serie zum Vergleich vorher/nachher am Beispiel Blepharoplastik.

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Abb.  5:

Komplette TAKE-5-Serie zum Vergleich vorher/nachher am Beispiel Mammaaugmentation.

Doppelte Vergleichbarkeit

Entsprechend dem vorgestellten TAKE-5-Konzept werden pro Patient also insgesamt zehn Aufnahmen angefertigt. Diese werden zunächst jeweils in einer Reihe “Zustand präoperativ“ und in einer weiteren Reihe “Zustand postoperativ“ angeordnet. Beide Reihen werden schließlich zu einem Gesamtbild zusammengefügt, so dass auf horizontaler Ebene zunächst alle Einzelaufnahmen des Vorher-Zustandes und darunter alle Einzelaufnahmen des Nachher-Zustandes aufgereiht sind. Bei vertikaler Betrachtung können somit jeweils der Vorher-Zustand und der Nachher-Zustand aus der entsprechenden Winkeleinstellung betrachtet werden.
Ein wesentlicher Aspekt ist in diesem Zusammenhang die Sicherstellung der vom Autor so genannten “doppelten Vergleichbarkeit“. Diese besagt, dass die Einzelaufnahmen (ggf. unter Zuhilfenahme eines Bildbearbeitungsprogramms) so ausgerichtet werden sollten, dass jeweils die horizontalen und vertikalen Achsen übereinstimmen (s. Abb. 6).

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Abb.  6:

Doppelte Vergleichbarkeit bei einer kompletten TAKE-5-Serie.

Fazit

Die medizinisch-dokumentarische Aussagekraft der Vorher-Nachher-Bilder in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie steigt mit der Vergleichbarkeit der angefertigten Aufnahmen. Inwieweit Planung und Simulation mit dem tatsächlichen Behandlungsergebnis übereinstimmen und ob ein Erfolg eingetreten ist, lässt sich nur dann zweifelsfrei und objektiv beurteilen, wenn alle angefertigten Aufnahmen unter den gleichen Rahmenbedingungen entstanden und damit objektiv und graduell vergleichbar sind.

 

Eine objektive Einschätzung, ob und inwieweit ein harmonisches und perfektes Ergebnis gelungen ist, wird, zumindest vonseiten Dritter, zweifelsohne immer auf Basis von Vorher-Nachher-Bildern stattfinden (müssen).

Literatur

[1] Zoeller, E. J.: Geleitwort. In: Matthias Siessegger: Vorher-Nachher-Bilder in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie, 2. Auflage, 2016.
[2] Gutbier, S.: Praxistipp: Nachträgliche Bearbeitung der Bilder. In: Matthias Siessegger: Vorher-Nachher-Bilder in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie. 2. Auflage, 2016.

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Fach-Publikation: Simultane Nasen-Kinnkorrektur

Fachbeitrag im Journal für Ästhetische Chirurgie 3 / 2014 von Dr. Dr. med. Matthias Siessegger zum Thema „Simultane osteotomierende Genioplastik und Septorhinoplastik“.

M. Siessegger – aesthetische medizin koeln, Köln
J.E. Zöller – Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie, Uniklinik Köln

Simultane osteotomierende Genioplastik und Septorhinoplastik

Ganzheitliche Profilkorrektur
Zusammenfassung

Die osteotomierende Genioplastik in Verbindung mit einer Septorhinoplastik bewährt sich als standardisierter Simultaneingriff zur ganzheitlichen Profilkorrektur. Sowohl für den Operateur als auch für den Patienten geht die Kombination beider Eingriffe mit nennenswerten Vorteilen einher. Geübte Operateure benötigen in der Regel weniger als 2 h für die Durchführung des Simultaneingriffs, der zudem in vielen Fällen ambulant erfolgen kann. Über die bekannten Risiken der jeweiligen Einzeleingriffe hinaus konnten keine zusätzlichen Komplikationen oder Risiken festgestellt werden, die auf die Kombination beider Eingriffe zurückzuführen wären. Die beschriebene Kombinationsoperation ist ggf. auch mit weiteren Interventionen, beispielsweise einem Facelift, gleichzeitig durchführbar.

 

www.springermedizin.de

Fazit für die Praxis
  • Viele Patienten, die mit dem Wunsch nach einer Nasenkorrektur vorstellig werden, profitieren im Hinblick auf das Gesichtsprofil oftmals auch von einer Kinnkorrektur.
  • Die osteotomierende Genioplastik in Verbindung mit einer Septorhinoplastik bewährt sich als standardisierter Simultaneingriff zur ganzheitlichen Profilkorrektur.
  • Ein Simultaneingriff geht mit zahlreichen Vorteilen für Patient und Operateur einher, insbesondere hinsichtlich der geringeren Belastung des Patienten (Anästhesie, Zeitaufwand) und einer verbesserten Betriebswirtschaftlichkeit für die Praxis.
  • Die Operationsdauer beträgt bei geübten Operateuren in der Regel weniger als 2 h.
  • Neben den allgemein bekannten Risiken der jeweiligen Einzeleingriffe wurden keine zusätzlichen Komplikationen festgestellt, die auf den Simultaneingriff zurückzuführen sind.
  • Die beschriebene Kombinationsoperation ist ggf. mit weiteren Interventionen (z. B. Facelift) gleichzeitig durchführbar.
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Fach-Publikation: Ästhetische Blepharoplastik unter Lachgassedierung

Fachbeitrag im Magazin für Ästhetische Chirurgie (MÄC) von Dr. Dr. med. Matthias Siessegger (Plastischer Gesichtschirurg) und Dr. med. Frank G. Mathers (Anästhesist) zur ästhetischen Blepharoplastik (Lidstraffung) unter Lachgassedierung.

M. Siessegger – aesthetische medizin koeln, Köln, F. G. Mathers – Institut für dentale Sedierung, Köln

Ästhetische Blepharoplastik unter Lachgassedierung

Übersicht über eine „neue“ Sedierungsoption in der Ästhetischen Chirurgie

Die Ästhetische Blepharoplastik ist einer der in Deutschland am häufigsten durchgeführten, dermatochirurgischen Eingriffe in der Ästhetischen Chirurgie. Traditionell wurde die Blepharoplastik in Lokalanästhesie durchgeführt. Durch die Einführung der Larynxmaskennarkose konnte zuletzt jedoch ein Trend zur Allgemeinanästhesie beobachtet werden. Die Erkenntnisse einer neuen klinischen Vergleichsstudie geben Hinweise, dass die Lachgassedierung eine „neue“, dritte Sedierungsoption für die Ästhetische Chirurgie darstellen könnte.

Die Augenpartie bildet einen wichtigen Teil der Gesichtsästhetik und ist eine sehr exponierte Zone, an der sich Alterungsprozesse sehr deutlich zeigen. Typische Alterserscheinungen wie Falten, Tränensäcke, Augenringe, Ptosis (Hängelider), Blepharcochalasis (Schlupflider), Entropium oder Ektropium (Ein- bzw. Auswärtsdrehung des Augenlids) sind dabei nicht nur offensichtliche Zeichen des fortschreitenden Alters, sondern häufig auch mit Einschränkungen des Gesichtsfeldes assoziiert.

Im Rahmen einer ästhetischen Blepharoplastik kann das Aussehen und die Funktion der Augenpartie optimiert bzw. erhalten werden. Überschüssige Haut sowie periorbitales Fett werden bei dieser Intervention entfernt bzw. transponiert und der Muskulus orbicularis okuli diskret getrimmt. Das Verfahren wird in Deutschland von den Vertretern der Fachdisziplinen Ophthalmologie, MKG-Chirurgie, Plastische Chirurgie sowie Dermatologie durchgeführt.

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Wahl des anästhesiologischen Verfahrens

Eine Blepharoplastik kann unter Lokal- oder Allgemeinanästhesie durchgeführt werden, wobei die Wahl des anästhesiologischen Verfahrens von Fall zu Fall entschieden werden sollte. Die Herausforderung besteht stets darin, unter Berücksichtigung vorhandener Ressourcen und Kostenüberlegungen ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen der Sicherheit bzw. dem Komfort des Patienten und einem optimalen Operationsergebnis zu finden.

Bei ambulanter Behandlung wird traditionell auf die Lokalanästhesie gesetzt, wobei zuletzt – aufgrund der Einführung der Larynxmaskennarkose – durchaus ein Trend zur anästhesiologischen Begleitung zu beobachten ist. Beide Verfahren bieten Vor- und Nachteile, die es gegeneinander abzuwägen gilt [vgl. Tabellen 1 und 2].

Auch in der Zahnmedizin stellt sich im Hinblick auf die Behandlung von Kindern und Angstpatienten oder bei sehr anspruchsvollen, oralchirurgischen Eingriffen häufig die Frage, ob eine Behandlung unter Lokalanästhesie oder anästhesiologischer Begleitung stattfinden sollte. In den USA, Großbritannien oder Skandinavien setzen Zahnärzte häufig auf einen „Mittelweg“ und kombinieren die Lokalanästhesie mit einer Lachgassedierung. In manchen Ländern wird Lachgas (N2O) in 90% der Zahnarztpraxen – v.a. in der Kinderzahnheilkunde – eingesetzt [Wilson 1996].

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Lachgas: Zusätzliche Sedierungsoption in der Ästhetischen Chirurgie?

Auch deutsche Oralchirurgen und Zahnärzte kombinieren zunehmend die Lokalanästhesie mit einer Lachgassedierung, um u.a. eine konstruktivere Arbeitsatmosphäre herzustellen und die psychische Belastung des Patienten zu reduzieren.

Das Verfahren wird im Dentalbereich als effektive und sichere Methode der Anxiolyse geschätzt, das unabhängig vom Anästhesisten durchgeführt werden kann [Mathers, 2010] [s. Abb. 1]. Zudem wurde die Lachgassedierung im Jahr 2012 in Deutschland neu standardisiert [Mesgarian et al. 2012].

Die üblicherweise verabreichten Konzentrationen von 30-70% Lachgas führen beim Patienten zu einem Bewusstseinszustand, der von Entspannung und psychischer Entkopplung gekennzeichnet ist und mit einer hypnotischen Trance verglichen werden kann. Optimale Sedierungsergebnisse werden i.d.R. zwischen 30-50% Lachgas erreicht [Mathers, 2011] [s. Abb. 2]. Zudem wird neben der anxiolytischen Komponente auch ein analgetischer Effekt erzielt. Die Wirkung tritt innerhalb von Minuten ein und die Wirkstärke bzw. die Sedierungstiefe kann jederzeit durch eine Änderung der eingeatmeten Lachgaskonzentration kontrolliert werden. Patienten bleiben wach, atmen selbständig und sind in der Lage, adäquat auf Außenreize zu reagieren, z. B. wenn der Operateur um einen Augenlidschluss bittet.

Weder die Atmung noch das Herz-Kreislauf-System werden bei gesunden Patienten beeinträchtigt; alle Atem- und Schutzreflexe des Patienten bleiben während der Behandlung vollständig erhalten. Durch Zurücknehmen des Lachgases und Verabreichen von hochprozentigem Sauerstoff kann die Sedierung nach einem Eingriff innerhalb von Sekunden bis wenigen Minuten aufgehoben werden, und der Patient ist innerhalb kurzer Zeit wieder bei vollem Bewusstsein.

Es stellt sich daher die Frage, ob die Lachgassedierung in Kombination mit einer Lokalanästhesie – insbesondere bei ambulanten Eingriffen – auch in der Ästhetischen Chirurgie eine zusätzliche Option zur Sedierung der Patienten darstellen könnte. Zur Beantwortung dieser Frage führte der Autor in Zusammenarbeit mit dem Kölner Institut für dentale Sedierung eine klinische Studie in seiner Praxis „aesthetische medizin koeln“ durch.

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Vergleichsstudie: Ästhetische Blepharoplastik unter Lachgassedierung

Die Studie umfasste 52 Patienten im Alter zwischen 38 und 68 Jahren, die eine Blepharoplastik der Oberlider (jeweils beide Seiten, mit Haut-, Muskel- und Fettresektion) erhielten. Davon waren 78% weiblich und 22% männlich. Das mittlere Alter der Patienten betrug 52 Jahre (SD 6,814). Die Patienten wurden anhand einer einfachen Randomisierung in die folgenden Vergleichsgruppen aufgeteilt:

a) Allgemeinanästhesie (Larynxmaske) (n=22, mittleres Alter 51 Jahre, SD 6,671),
b) Lokalanästhesie (n=12, mittleres Alter 53 Jahre, SD 8,464) und
c) Lokalanästhesie + Lachgassedierung (Nasenmaske) ( (n=18, mittleres Alter 52 Jahre, SD 5,483).

Ermittelt wurden dabei jeweils die OP-Zeit und die Zufriedenheit der Patienten (anhand eines standardisierten Fragebogens). Zudem wurde untersucht, wie zufrieden der Operateur mit dem jeweiligen anästhesiologischen Verfahren ist. Dazu wurde – in Anlehnung an die Houpt Behavior Rating Scale – dokumentiert, wie das Verhalten der Patienten aus Sicht des Operateurs und im Hinblick auf einen reibungslosen OP-Ablauf zu bewerten ist (Stufen 1=OP-Abbruch bis 6=exzellent).

1. OP-Zeit

Die durchschnittliche OP-Zeit einer Ästhetischen Blepharoplastik unter Allgemeinästhesie betrug im Rahmen der Studie 42 Minuten und ist damit deutlich kürzer als die gemessene OP-Zeit bei einer Lokalanästhesie (59 Minuten, -17 Minuten). Auch die Kombination aus Lokalanästhesie + Lachgas zeigt einen deutlichen Zeitgewinn gegenüber der einer reinen Lokalanästhesie (- 10 Minuten) und ist mit durchschnittlich 49 Minuten geringfügig zeitaufwendiger als die Allgemeinanästhesie [siehe Tabelle 3].

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2. Patientenzufriedenheit

Zur Beurteilung der Patientenzufriedenheit wurden die Patienten im unmittelbaren Anschluss an die Behandlung (bzw. nach dem Aufwachen) gebeten, die Eindrücke der Behandlung mit zwei einfachen Ja/Nein Fragen zu beurteilen.

Frage 1: Verspürten Sie während der Behandlung unangenehme Schmerzen?

Während alle Patienten (100%), die unter Allgemeinanästhesie behandelt wurden, schmerzfrei waren, berichteten 33% der Lokalanästhesie-Gruppe und 17% der Lachgas-Gruppe von unangenehmen Schmerzen während der Behandlung [Tabelle 4].

Frage 2: Würden Sie sich wieder für die gewählte Anästhesieform entscheiden?

Jeweils etwa 8 von 10 Patienten, die im Rahmen einer Allgemeinanästhesie (82%) oder unter Lokalanästhesie + Lachgassedierung (78%) behandelt wurden, würden sich auch bei einem weiteren Eingriff für diese Anästhesieform entscheiden. Die Zustimmung der Lokalanästhesie-Gruppe fällt mit durchschnittlich 58% geringer aus [siehe Tabelle 5].

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3. Zufriedenheit des Operateurs

Jeder Eingriff wurde vom behandelnden Chirurgen hinsichtlich der anästhesiologischen Rahmenbedingungen bewertet. Hierzu wurde – in Anlehnung an die Houpt Sedation Rating Scale – die im Folgenden aufgezeigte 6-stufige Einteilung vorgenommen.

6 – exzellent: Keine störenden Bewegungen, keinerlei Störung des Behandlungsablaufs
5 – sehr gut: Geringfügig störende Bewegungen, ohne Störung des Behandlungsablaufs
4 – gut: Mehrfach störende Bewegungen, Behandlung wurde abgeschlossen
3 – befriedigend: Häufig störende Bewegungen, Behandlung wurde abgeschlossen
2 – ausreichend: Unterbrechung der OP, Eingriff wurde nur teilweise abgeschlossen
1 – OP-Abbruch: OP wurde ohne Ergebnis abgebrochen

Die im Rahmen der Studie gemessene Zufriedenheit des Operateurs unterscheidet sich im Hinblick auf die untersuchten Anästhesieformen nur unwesentlich und ist insgesamt sehr gut bis exzellent, wobei auch hier die Allgemeinanästhesie mit einem Score von 5,8 die höchste Einstufung erreicht und die Kombination von Lokalanästhesie + Lachgassedierung (5,4) der reinen Lokalanästhesie (5,1) überlegen ist [siehe Tabelle 6, oben]. Im Rahmen der Studie ist es bei keinem der angewendeten Verfahren zu einem Behandlungsabbruch gekommen.

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Wirkungsweise Lachgas

Lachgas wird über eine Nasenmaske verabreicht, die den Patienten zum einen mit Lachgas und Sauerstoff versorgt und zum anderen ausgeatmetes Lachgas absaugt. Wie andere inhalative Anästhetika wird Lachgas über die Lunge aufgenommen, im Blut gelöst und im zentralen Nervensystem absorbiert, wo es seine Wirkung entfaltet. Wie bereits erläutert führen die üblicherweise verabreichten Konzentrationen von 30-50% Lachgas zu einem Bewusstseinszustand, der von Entspannung und psychischer Entkopplung gekennzeichnet ist [s. Abb. 3].

Lachgas ist in Blut relativ unlöslich (Blut/Gas-Koeffizient 0,47), sodass es schnell zu einer Angleichung der alveolären Konzentration in der Lunge und der Konzentration im Blut kommt. Dieses Phänomen, gepaart mit einer hohen Lipidlöslichkeit, die für die Verteilung im zentralen Nervensystem notwendig ist, führt innerhalb von Minuten zum Wirkungseintritt. Die Wirkstärke beziehungsweise Sedierungstiefe kann durch eine Änderung der eingeatmeten Lachgaskonzentration schnell verändert werden.

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Gemessen an der equipotenten Konzentration ist Lachgas das schwächste inhalative Anästhetikum. Dies sollte jedoch nicht zu der Annahme verleiten, dass es  sich dabei um ein schwaches Analgetikum handele. Bereits im Jahre 1943 konnte an der Harvard Medical School gezeigt werden, dass 20% Lachgas die gleiche analgetische Potenz besitzt wie 15 mg Morphin subkutan. Es wird angenommen, dass die opiatähnlichen Eigenschaften von Lachgas, d. h. Analgesie und Euphorie, teilweise durch eine Endorphinausschüttung hervorgerufen werden.

Lachgas beeinträchtigt die Atmung nur im geringen Ausmaß, sodass dies im klinischen Alltag bei gesunden Patienten nicht von Bedeutung ist. Allerdings verursacht Lachgas eine deutliche Dämpfung der peripheren Chemorezeptoren und bedingt dadurch eine problematische Unterbindung der Gegenregulation der Atmung im Falle einer Hypoxie. Dieser Mechanismus und der sogenannte Konzentrationseffekt  („Second Gas Effect“ ) haben in der Frühphase der Lachgasanwendung zu einer hohen Morbidität und Mortalität geführt, da zum Teil hohe Konzentrationen von bis zu 80 % verabreicht wurden. Zur Sedierung werden heute Konzentrationen von bis zu 50% angewendet und heute erhältliche Applikationssysteme verfügen zudem über eine installierte Lachgassperre, die Konzentrationen von über 70% Lachgas verhindert.

Lachgassedierung kombiniert Vorteile

Auf Basis der ermittelten Studienergebnisse und der beschriebenen Wirkung von Lachgas ist festzustellen, dass sich mit der Kombination aus Lokalanästhesie und Lachgassedierung zahlreiche Vorteile der aktuellen Standardverfahren (Lokalanästhesie und Allgemeinanästhesie) bündeln lassen bzw. die jeweiligen Nachteile umgangen werden können [s. Tabelle 7].

So werden sowohl die Nachteile einer reinen Lokalanästhesie (verlängerte OP-Zeit, größeres Risiko für Blutungen, größerer psychischer Stress) als auch die Nachteile der Allgemeinanästhesie (körperliche Belastung, keine Interaktionsmöglichkeit, längere Erholungszeit, Notwendigkeit eines Anästhesisten) größtenteils ausgeglichen.
Die relativ große Nasenmaske stellte in der vorgestellten Studie zwar kein Hindernis für den Operateur dar, schließt den Einsatz der Lachgassedierung im Rahmen einer Rhinoplastik jedoch grundsätzlich aus.

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Fazit

Die Ergebnisse der durchgeführten klinischen Studie und die in den letzten Jahren positiven Erfahrungen deutscher Oralchirurgen und Zahnärzte sind vielversprechend und untermauern die These, dass Lachgas in Kombination mit einer Lokalanästhesie eine weitere effektive und komfortable Sedierungsoption für die Ästhetische Chirurgie darstellen könnte. Insbesondere für den ambulanten Praxisbetrieb, beispielsweise bei kleineren dermatochirurgischen Eingriffen, scheint Lachgas eine sinnvolle Alternative zu den bisher gängigen Standardverfahren zu sein. Auch im Hinblick auf sehr nervöse oder ängstliche Patienten, die beispielsweise unter einer Spritzenphobie leiden, könnte durch die anxiolytische Wirkkomponente mit Lachgas eine Lücke geschlossen werden. Zur weiteren Beurteilung sind umfassendere Studien notwendig, die ggf. auch den Einsatz bei größeren Interventionen (z.B. Facelift, aber auch Liposuktion in Tumeszenz) untersuchen.

Literatur

[1] Wilson S, A survey of the American Acadamy of Pediatric Dentistry membership: nitrous oxide and sedation. Pediatr Dent (1996), 18, 287-293
[2] Mathers FG, Lachgas spielt zunehmend eine Rolle in deutschen Zahnarztpraxen. DZW (2010), 27/10, 10
[3] Mesgarian M et al., Deutsche Ausbildungsstandards für die dentale Sedierung mit Lachgas. ZWR (2012), 121(11), 572-579
[4] Mathers FG, Dentale Sedierung – Lachgas und orale Sedativa in der Praxis (2011), 25-73. Deutscher Zahnärzte Verlag, Köln

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Fach-Publikation: Standardisierte Vorher-Nachher-Bilder

Fachbeitrag im Magazin für FACE – International Magazine of Orofacial Esthetics von Dr. Dr. Siessegger zur standardisierten Vorher-Nachher-Fotografie in der Ästhetischen Chirurgie.

M. Siessegger – aesthetische medizin koeln, Köln

Standardisierte Vorher-Nachher-Bilder

Bilddokumentation in der Ästhetischen Chirurgie

Einen einheitlichen Standard zur dokumentarischen Anfertigung von Vorher-Nachher-Bildern in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie sucht man weltweit bisher vergeblich. Die derzeit in der Praxis angefertigten Fotografien unterscheiden sich deshalb oft selbst innerhalb eines Behandlungsfalles erheblich voneinander. Eine objektive Beurteilung des Behandlungserfolges wird dadurch in vielen Fällen erschwert. Einen Lösungsansatz bietet das im Folgenden vorgestellte Konzept zur standardisierten Vorher-Nachher-Fotografie.

„Medizinische Dokumentation bedeutet nicht das schlichte Aufzeichnen medizinischer Informationen in beliebiger Form und nach freien Gutdünken, vielmehr muss ein Dokument mit rechtlichem Urkundencharakter nach gewissen systematischen und praktischen Regeln für verschiedene Zwecke geführt werden. Das medizinische Dokument ist eine Urkunde“, bringen Klar und Graubner [1] die Notwendigkeit einer standesgemäßen Medizinischen Dokumentation auf den Punkt.

Während die meisten medizinischen Fachdisziplinen den Verlauf und Erfolg einer Behandlung anhand klinischer Untersuchungen, variierender laborchemischer Parameter oder Veränderungen in der diagnostischen Bildgebung einschätzen und dokumentieren, beurteilt die Ästhetische Medizin den Einfluss und Erfolg einer durchgeführten Maßnahme in erster Linie anhand des veränderten äußeren Erscheinungsbildes eines Patienten. Insbesondere dem vor und nach einem Eingriff angefertigten Fotomaterial kommt daher ein hoher medizinisch-dokumentarischer Stellenwert zu.

Vorher-Nachher-Bilder werden zur Analyse, Planung, objektiven Bewertung und Dokumentation der durchgeführten Behandlung herangezogen. Alle am Gesamtprojekt „Ästhetische Medizin“ beteiligten Fachdisziplinen versuchen dem mit eigens angefertigten Vorher-Nachher-Fotografien Rechnung zu tragen. Auch im rechtlichen Bedarf nach einer revisions- und gerichtsfesten Beweisgrundlage für die Leistungsabrechnung oder bei Haftungsfragen liegt eine Notwendigkeit für die Anfertigung dieses medizinisch-dokumentarischen Bildmaterials begründet [2].

Jacobs und Kollegen (2001) definieren acht Hauptanforderungen an die medizinische Fotografie aus der Sicht eines Arztes [3]:
1. – Befunddokumentation für die Krankenakte (Momentaufnahme für Krankheits- und Heilungsverlauf)
2. – Bildhafte Ergänzung der schriftlichen Dokumentation
3. – Dokumentation für Forschungszwecke und Lehre
4. – 24/7-Verfügbarkeit (Equipment muss 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche verfügbar sein)
5. – Bildverwendung und Nachbearbeitungsmöglichkeit für wissenschaftliche Vorträge und Publikationen
6. – Kompatibles Speicherformat für eingesetzte Computertechnik
7. – Unabhängigkeit hinsichtlich Arbeitsstrukturen
8. – Stimmige Kosteneffizienz

Standardisiertes Fotografieren mit dem TAKE5-Konzept

Für eine objektive Beurteilung und Feststellung des Behandlungserfolges in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie ist die exakte Vergleichbarkeit der Vorher-Nachher-Bilder von maßgeblicher Bedeutung. Bereits minimale Veränderungen der Lichtverhältnisse, Aufnahmeparameter (z. B. Belichtung) oder der Aufnahmewinkel kann die objektive Vergleichbarkeit zwischen Vorher- und Nachher-Fotografien erheblich erschweren oder gar unmöglich machen. Das vom Autor entwickelte und im Folgenden vorgestellte TAKE5-Konzept trägt dem Rechnung.

Um eine optimale Vergleichbarkeit zweier Situationen, also des Momentes vor einer Behandlung und des Momentes nach einer Behandlung, anhand standardisierter Fotografien sicherzustellen, sollten zunächst bestimmte Aufnahmewinkel und Positionen fest definiert und für zukünftige Aufnahmen eingehalten werden. Abgeleitet aus den Erkenntnissen der Gesichtschirurgie, die besagen, dass fünf Ansichten aus den Winkeln +90 Grad, +45 Grad, Frontalansicht, -45 Grad und -90 Grad notwendig sind, um einen Gesamteindruck des Patienten zu erhalten und die Ausgangsposition ausreichend zu beurteilen, empfiehlt es sich, diese Aufnahmewinkel auch auf andere Eingriffe zu übertragen und möglichst exakt einzuhalten (s. Abb. 1).

Plastische Chirurgie Köln
Region of Interest (ROI)

Je nach Indikation und durchzuführender chirurgischer Maßnahme sind die betroffenen und zu optimierenden anatomischen Regionen des Körpers für die Anfertigung der Vorher-Nachher-Bilder von maßgeblichem Interesse. Diese Regionen werden vom Autor daher als „Regions of Interest“ bezeichnet, kurz ROI. Folglich gilt es, diese ROI im Vorfeld der Behandlung und nach Abheilung fotografisch exakt, detailliert und aussagekräftig zu dokumentieren und festzuhalten. So sollten Einstellungsrichtlinien, wie zum Beispiel die Brennweite, immer auf die ROI ausgerichtet sein. Handelt es sich bei dem Eingriff beispielsweise um eine Rhinoplastik, müssen sich die Einstellungen an der Nase und dem umliegenden Bereich ausrichten (s. Abb. 2).

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TAKE5-Serie: Praxisbeispiel Facelift
Schritt 1: Anfertigen der Vorher-Bilder

Nach dem Erstgespräch mit den Patienten werden die Vorher-Aufnahmen aus den definierten fünf unterschiedlichen TAKE5-Einstellungswinkeln, beginnend mit der TAKE1-Aufnahme des Profils bei nach links gedrehtem Kopf, im Uhrzeigersinn angefertigt. Die Patientinnen nahmen auf einem drehbaren Stuhl Platz und richteten den Blick jeweils auf Fixationspunkte, die an den Wänden in der Praxis angebracht sind und somit einheitliche Kopfneigungen sicherstellen.

Schritt 2: Zusammenfügen der einzelnen Vorher-Bilder

Die in Schritt 1 entstandenen Einzelaufnahmen werden nun mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogrammes (z. B. Adobe Photoshop) zu einer Serie zusammengefasst. Das heißt, beginnend mit der TAKE1-Aufnahme von links und abschließend mit der TAKE5-Aufnahme von rechts. Für die Vergleichbarkeit ist es wichtig, dass bei der Anordnung der Aufnahmen die horizontalen Achsen übereinstimmen – also z. B. die Augen immer auf der gleichen Höhe sind. Um dies zu gewährleisten, kann der Behandler Hilfslinien einsetzen, die von Bildbearbeitungsprogrammen in der Regel standardmäßig angeboten werden.

Das Ergebnis ist eine zur Analyse des bevorstehenden Eingriffs optimale Übersicht der ROI. Auf Basis dieser Vorher-Serie werden dem Patienten die zu korrigierenden Bereiche aufgezeigt und empfehlenswerte chirurgischen Maßnahmen besprochen.

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass professionelle Bildbearbeitungsprogramme wie Adobe Photoshop lediglich der Anordnung und Zuschneidung der Einzelbilder dienen. Keinesfalls sollten mit diesen Programmen Änderungen am Erscheinungsbild des Patienten vorgenommen werden, da sonst die rechtliche Grundlage verloren ginge. In der Praxis hat es sich zudem bewährt, immer zwei Bildersätze abzuspeichern – ein Satz der unbearbeiteten Originalaufnahmen sowie ein Satz der ggf. zugeschnittenen Aufnahmen. Zudem ist es empfehlenswert, beide Datensätze an zwei getrennten Orten aufzubewahren [4].

Schritt 3: Anfertigen der Nachher-Bilder

Nach dem Eingriff und nach Abheilung der operierten Regionen wird im dritten Schritt erneut die ROI entsprechend dem TAKE5-Konzept abfotografiert. Die Bilder werden wie im zweiten Schritt zu einer Serie zusammengefasst, die zwingend im gleichen Raster angelegt werden sollte.

Schritt 4: Gegenüberstellen der Vorher-Nachher-Bilder

Der letzte Schritt zur umfassenden fotografischen Dokumentation und abschließenden Beurteilung des Behandlungserfolges ist schließlich das Zusammenfügen und Gegenüberstellen der beiden Bilderserien (s. Abb. 3).

Doppelte Vergleichbarkeit

Entsprechend dem vorgestellten TAKE5-Konzept werden pro Patient insgesamt zehn Aufnahmen angefertigt. Diese werden zunächst jeweils in einer Reihe „Zustand präoperativ“ und in einer weiteren Reihe „Zustand postoperativ“ angeordnet. Beide Reihen werden schließlich zu einem Gesamtbild zusammengefügt, sodass auf horizontaler Ebene zunächst alle Einzelaufnahmen des Vorher-Zustandes und darunter alle Einzelaufnahmen des Nachher-Zustandes aufgereiht sind. Bei vertikaler Betrachtung kann somit jeweils der Vorher-Nachher-Zustand aus der entsprechenden Winkeleinstellung betrachtet werden.

Ein wesentlicher Aspekt ist in diesem Zusammenhang die Sicherstellung der so genannten „doppelten Vergleichbarkeit“. Diese besagt, dass die Einzelaufnahmen im Bildbearbeitungsprogramm so ausgerichtet werden sollten, dass jeweils die horizontalen als auch vertikalen Achsen übereinstimmen.

 

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Die beschriebenen Anforderungen an die „doppelte Vergleichbarkeit“ der Einzelbilder innerhalb eines Behandlungsfalls sollten im Optimalfall auch bei unterschiedlichen Behandlungsfällen – also „Cross-Case“ – gegeben sein. Dies gewährleistet der Behandler, indem er sich konsequent an die mit dem TAKE5-Konzept beschriebenen Einstellungswinkel hält und die Ausrichtung der Einzelbilder mit dem Bildbearbeitungsprogramm entsprechend angleicht. Dadurch garantiert er sowohl die optimale Vergleichbarkeit der Vorher-Nachher-Bilder eines Behandlungsfalls als auch die unterschiedlicher Behandlungsfälle.

Technische Voraussetzungen

Zur Umsetzung des TAKE5-Konzeptes sind gewisse fototechnische Anschaffungen notwendig, die sich jedoch in einem akzeptablen Rahmen halten.

Standardmäßig sollte der Behandler eine digitale Spiegelreflexkamera (DSLR) zur Anfertigung der Bilder einsetzen. Viele Hersteller liefern ein Standard-Objektivsystem mit einer Brennweite von 18 mm bis 55 mm bei dem Erwerb einer neuen Kamera mit. Objektive mit dieser Brennweite sind im Normalfall und bei üblichen räumlichen Verhältnissen völlig ausreichend.

Zur optimalen Objektausleuchtung sollte ein professionelles Blitzgerät zum Einsatz kommen. Gerade bei näheren Aufnahmen kann es zudem sinnvoll sein, eine sogenannte Ringblitzleuchte einzusetzen, um die Ausleuchtung zu erhöhen und damit die Schattenbildung weiter zu reduzieren. Je nach Raumgröße und Lichtverhältnissen kann es empfehlenswert sein, ein zusätzliches portables Studioblitzgerät aufzustellen.

Obligatorisch sind zudem eine Speicherkarte mit ausreichender Speicherkapazität und ein Speicherkartenlesegerät. Ein Dreibein-Stativ mit festdefinierten Einstellungsgrößen (Höhe, Winkel) garantiert die Vergleichbarkeit der angefertigten Aufnahmen.

Räumliche Voraussetzungen

Zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit sollten alle Vorher-Nachher-Aufnahmen unter den gleichen Bedingungen angefertigt werden. Das heißt zum einen, dass alle Aufnahmen im gleichen Raum mit gleichen Lichtverhältnissen angefertigt werden und zum anderen, dass sich Fotograf und Patient immer an der gleichen Position befinden sollten. Der Abstand zum Patienten sollte einmal definiert und für alle Folgeaufnahmen übernommen werden. Für Kopf-/Gesichtsaufnahmen hat sich hier ein Abstand von 1,5 m, für Gesamtkörperaufnahmen von 2,0 m bewährt. Die notwendige Einhaltung des Abstandes lässt sich durch ein fest installiertes Stativ realisieren. Alternativ werden Boden-Markierungen empfohlen, die die unterschiedlichen Positionen des Statives definieren.

Neben dem Abstand zum Patienten sind die eingestellte Höhe des Stativs sowie die exakte Ausrichtung (Winkel des Stativkopfes) einmal zu definieren und dann ebenfalls für alle weiteren Aufnahmen fest einzuhalten. Weil Patienten unterschiedlich groß sind, sollte ein höhenverstellbarer Stuhl zum Einsatz kommen, der immer auf eine entsprechende Höhe eingestellt wird, damit alle angefertigten Aufnahmen die gleichen Achsen aufweisen. So kann beispielsweise eine Markierung an der Wand dabei helfen, eine standardisierte Höheneinstellung vorzunehmen, so dass sich der Kopf der Patienten auf den Aufnahmen immer in der gleichen Höhe befindet.

Interdisziplinär anwendbar

Das vorgestellte TAKE5-Konzept ist nicht nur auf den Bereich der Plastischen und Ästhetischen Gesichtschirurgie zu begrenzen. Auch im Rahmen der Allgemeinen Ästhetischen Chirurgie, beispielsweise bei einer Mammaaugmentation bzw. Mammareduktion hat sich das Konzept bewährt.

Fazit

Die medizinisch-dokumentarische Aussagekraft der Vorher-Nachher-Bilder in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie steigt mit der Vergleichbarkeit der angefertigten Aufnahmen. Inwieweit Planung und Simulation mit dem tatsächlichen Behandlungsergebnis übereinstimmen und ob ein Erfolg eingetreten ist, lässt sich nur dann zweifelsfrei und objektiv beurteilen, wenn alle angefertigten Aufnahmen unter den gleichen Rahmenbedingungen entstanden und damit objektiv und graduell vergleichbar sind.

Dabei sind, neben dem Ästhetischen Gesamteindruck, die definierten ROI als Region der eigentlichen chirurgischen Veränderung von besonderem Interesse.

Zur ausführlicheren Lektüre sei dem Leser Siessegger (2012) empfohlen [5].

Eine objektive Einschätzung, ob und inwieweit ein harmonisches und perfektes Ergebnis gelungen ist, wird, zumindest von Seiten Dritter, zweifelsohne immer auf Basis von Vorher-Nachher-Bildern stattfinden (müssen).

Literatur

[1] KLAR, R., GRAUBNER, B.: Medizinische Dokumentation (Kapitel 2). In: Hans-Jürgen Seelos et al. (Hrsg.): Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. de Gruyter: Berlin, New York 1997. S. 14-42.
[2] ZOELLER, E. J.: Geleitwort. In: Matthias Siessegger: Vorher-Nachher-Bilder in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie. E-Book, abrufbar im Internet unter www.vorher-nachher-bilder.de, 2012.
[3] JACOBS, R., SCHWARZ-BOEGER, U., NEUHOFER, C., KIECHLE, M.: quo vadis – Photographie in Medizin und Wissenschaft, Deutsche Gesellschaft für Photographie e. V. (DGPh), Sektion Medizin und Wissenschaftsphotographie, Tagungsband 6, 2001. Abrufbar im Internet. URL: http://www.dgph.de/content/sektionen/medizin_wissenschaft/imx/tagungsband6.pdf.
[4] GUTBIER, S.: Praxistipp: Nachträgliche Bearbeitung der Bilder. In: Matthias Siessegger: Vorher-Nachher-Bilder in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie. E-Book, abrufbar im Internet unter www.vorher-nachher-bilder.de, 2012.
[5] SIESSEGGER, M.: Vorher-Nachher-Bilder in der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie. E-Book, abrufbar im Internet unter www.vorher-nachher-bilder.de, 2012.